Nachsicht von Abgaben

Die Bestimmung in der Bundesabgabenordnung ist wenig bekannt: Abgaben können nachgesehen werden, wenn deren Einhebung unbillig ist. In die Umgangssprache übersetzt, verzichtet das Finanzamt auf die Steuer, weil halt bei der Sache doch etwas nicht in Ordnung ist.

Ein kurioser Fall. Das Finanzamt prüft. Der Unternehmer hat sich entsprechend der Richtlinien verhalten und eine Leistung in der Umsatzsteuer unecht steuerfrei belassen. Die Richtlinien werden aber während der Prüfung geändert. Der Prüfer meint, wenn das jetzt steuerpflichtig sei, müsse es auch vorher steuerpflichtig gewesen sein.
Nachzahlung: 73.811,10 Euro plus Zuschläge plus eigene Kosten. Der Unternehmer (im Finanzamtsjargon „Kunde“) stellt den Antrag auf Nachsicht.
Zwischenzeitlich ändert sich wieder die Judikatur, der beschriebene Sachverhalt wird in einer anderen Causa vom Verwaltungsgerichtshof als steuerfrei beurteilt. Unabhängig davon wird der Nachsichtsantrag vom Finanzamt natürlich nicht gewährt.

Zwischenergebnis: Finanzamt und Bundesfinanzgericht haben 73.811,10 rechtswidrig vorgeschrieben, rund 8 Jahre Verfahrensdauer.

Alle Rechtsmittel sind erschöpft.

Im Nachsichtsverfahren, das nun beim Bundesfinanzgericht liegt, gewährt dieses die Nachsicht hinsichtlich der 73.811,10 Euro. Dagegen beruft das Finanzamt.

Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

Das Finanzgericht hat festgestellt, dass die Nachsicht von Abgaben nicht dazu da ist, die Rechtmäßigkeit von Abgaben nachträglich zu klären. Dazu dienen die Rechtsmittelverfahren. Aber: Ist zweifelsfrei klar, dass aufgrund neuer Judikatur die ursprüngliche Steuer unrichtig ist, und gibt es sonst kein Rechtsmittel mehr, ist Nachsicht zu gewähren.

1. Februar 2020
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