64 1. Juni 2022

Ausgabe 64

Ein kleines Rechenbeispiel und eine hübsche Geschichte zur Inflation: Maxi & Mini besitzen ein Sparbuch mit 100.000 Euro Guthaben. Beide gehen arbeiten. Er verdient netto rd. 2.500 Euro, Mini geht 20 Stunden und verdient 1.000 Euro. An Lohnsteuer werden ihm rd. 680 Euro pro Monat abgezogen, also etwa 8.000 Euro pro Jahr, sie zahlt keine Lohnsteuer. Die Inflation von derzeit 7-8 % p. a. reduziert den realen Wert des Sparguthabens ebenfalls um etwa 8.000 Euro pro Jahr. Zinsen gibt es ja keine.

Bei welchem Vermögen arbeiten die beiden nur noch für den Staat? Ab wann ist der reale Vermögensverlust gleich hoch wie das Nettoeinkommen? Das Nettoeinkommen von Maxi & Mini beträgt rd. 50.000 Euro. Bei einem Geldvermögen von rd. 625.000 Euro verlieren die beiden genauso viel, wie sie verdienen!

Ein Vermögenserhalt ist nur möglich, wenn Zinsen, Dividenden oder Wertsteigerungen erwirtschaftet werden, die zumindest in Höhe der Inflation zuzüglich Kapitalertragsteuer liegen. Das bedeutet, dass Maxi & Mini 10 – 11 % Jahresrendite erwirtschaften müssten, um nach Abzug von Kapitalertragsteuern (27,5 % der Zinsen, Dividenden und Wertsteigerungen) mit Null !! auszusteigen.

Die EZB druckt weiterhin Geld (unter anderem vor allem das Aufkaufprogramm von Staatsanleihen) und hält die Zinsen auf null Prozent. In den Jahren 2020 und 2021 hat die EZB de facto sämtliche Staatsanleihen der Euro-Staaten, die emittiert wurden, aufgekauft. Ohne diese Aufkaufprogramme wird es für stark verschuldete Länder wie Italien, Frankreich, Belgien, Spanien etc. sehr schwer bis unmöglich, neue Staatsschulden aufzunehmen.

Der einzige Regelungsmechanismus zur Inflation ist der Zins! Die „Politik“ kann der Inflation wenig entgegenhalten. Das hat die Geschichte bereits x-fach gezeigt. Ende der 70er- / Anfang der 80er-Jahre gab es ähnliche Szenarien (hohe Inflation, Krisen, wenig Wirtschaftswachstum, teure Energie, hohe Arbeitslosigkeit). Erfolgreiche Gegenmittel waren: Anhebung der Zinsen, Reduktion der Steuer- und Staatsquoten.

Die EZB–Chefin hat vor einigen Jahren in einem Interview zur ausufernden Staatsverschuldung gemeint, dass es ein interessantes Experiment sei, für einige Jahre sehr niedrige Zinsen und hohe Inflationsraten zuzulassen, um die Staaten zu entschulden …

Die diversen Volkswirtschaftler der Banken, Wirtschaftsforscher etc. gehen daher davon aus, dass es ein Zurückfahren der Anleihenaufkaufprogramme geben wird. Dies – zusammen mit einem Anstieg der Zinsen auf 0,5 bis 1 % p. a. – wird aber nur zu einer geringen Senkung der Inflation führen.

Dieses Thema gibt es immer wieder bei Unternehmensberatern etc. und ist besonders heikel, wenn die GmbH nicht in Österreich sitzt. Ein Unternehmens­berater teilte dem Finanzamt mit, er habe seinen Kundenstock an die XY AG in der Schweiz verkauft. Die XY AG gehöre ihm zu 1 %, andere Personen im Familienkreis hielten die übrigen 99 %.

Das Finanzamt ignorierte die XY AG und rechnete Einkommen- und Umsatzsteuer dem Berater direkt zu. Das Bundesfinanzgericht vertrat die gleiche Ansicht und stellte fest, der Berater sei in den Betrieben anwesend gewesen, doch habe nur er die Leistungen erbracht. Er hatte außerdem eine öster­reichische Telefonnummer und E-Mail-Adresse, die Honorare flossen auf österreichische Konten der XY AG.

Der Verwaltungsgerichtshof argumentierte aber in weiterer Folge, dass ja nach außen die XY AG aufgetreten sei (Rechnungen, Verträge, Bankkonto etc.).

Es lag auch kein Scheingeschäft vor, die Leistungen wurden tatsächlich erbracht.
Die Gründung von Kapitalgesellschaften darf dazu dienen, bisher im Einzelunternehmen erzielte Umsätze auf die Gesellschaft zu verlagern. Dies ist dem Grunde nach kein Missbrauch! (Ra 2020/15/0053)

Seit vielen Jahren sehen wir eine Zersplitterung der Wertschöpfungskette, die mit der Umsatzsteuer im Zusammenhang steht. Immer mehr Unternehmer sind mit immer geringeren Teilen der Leistungserbringung beschäftigt. An einem einfachen Beispiel wird das deutlich.

 

  • Die Bank beschäftigt die Putzfrau selbst: keine Umsatzsteuer.
    Die Putzfrau gehört ja zum eigenen Personal und ist Dienstnehmerin.
  • Die Bank kauft die Reinigung zu: Umsatzsteuer von 20 %, welche die Bank nicht abziehen kann.

Im Umsatzsteuersystem gibt es einige Möglichkeiten, zusätzlicher Umsatzsteuer entgegenzuwirken. Es sind dies z. B. diverse Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit steuerbefreiten Umsätzen.

Eine GmbH hat es übernommen, Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit Medien durchzuführen, hat für konkrete Versicherungsprodukte geworben, Daten gesammelt und nach einer Bonitätsprüfung (alles übers Internet) die Interessenten an die Versicherung weitergeleitet. Das Finanzamt wollte natürlich Umsatzsteuer. In diesem Fall hat aber sogar das Bundesfinanzgericht erkannt, dass Umsatzsteuerfreiheit vorliegt, was vom Verwaltungserichtshof schließlich auch bestätigt wurde.

Renditen von jenseits der 10 % p. a. sind nur mit sehr großem Risiko zu erzielen. Der „Kapitalmarkt“ scheint dies derzeit nicht herzugeben. Hohe Inflation wird allerdings Unternehmen zwingen, höhere Erträge zu erwirtschaften. Die derzeitigen Dividendenrenditen von 2-3 % sind keinesfalls ausreichend, hier werden wir in Zukunft höhere Werte sehen müssen. Das kann durch ein Absinken der Aktienkurse oder bessere Ge-winne der Unternehmen erreicht werden, bedeutet aber auch hohes Risiko. Gelingt es Unternehmen nicht, marktkonforme höhere Erträge zu erwirtschaften, führt dies zu hohen Kursverlusten. Mal ein bisserl rumgerechnet: Aktien­kurs ist 100,00 Euro. Dividende ist 2,50 pro Jahr. Steigt die Erwartung des Marktes auf eine Dividendenrendite von 4,00 Euro (Prozent p. a.) und erwirtschaftet die Aktiengesellschaft nicht mehr Gewinn, sinkt rechnerisch der Kurs auf 62,50 Euro!!

Inflationsschutz gibt es vor allem dort, wo die Erträge inflationiert sind. Das sind Mieten! Der „Run“ zu Mietobjekten und Immobilien wird voraussichtlich anhalten. Aber auch bei Immobilien gilt ähnliches wie bei Aktien. Bei Wohnungen wird zur Zeit oft lediglich eine Rendite von 2 % p. a. – allerdings „real“, da in der Regel wertgesichert – erzielt. Steigt die Erwartung auf 3 % p. a., so kann dies zumindest dazu führen, dass es keine weiteren Wertsteigerungen der Immobilie gibt.

Die Heilbehandlung von Menschen stellt das Umsatzsteuersystem vor große Herausforderungen. Der Arzt ist ja quasi unecht steuerbefreit. Daher hat er auch keinen Vorsteuerabzug. Einzelne Leistungen eines Arztes sind jedoch steuerpflichtig. Kranken- und Pflegeanstalten sowie Kureinrichtungen unterliegen dem 10 %igen Steuersatz. Solange keine wesentlichen Vorsteuerbeträge (z. B. aus Investitionen) vorhanden sind, ist die Steuerbefreiung sehr schön. Gibt es Vorsteuerbeträge, gefällt der begünstigte Umsatzsteuersatz von 10 %, weil man Vorsteuer zurückbekommt.

Ein findiger Rechtsanwalt, der sich fast ausschließlich – als gerichtlich bestellter Sachwalter – mit der Betreuung besachwalteter Personen beschäftigte, meinte, er unterliege der Steuerbefreiung als „anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter“ (lt. Mehrwertsteuerrichtlinie). Der Verwaltungsgerichtshof kam hier ordentlich ins Schwitzen und hat letztlich erkannt, dass die Gewinnerzielungsabsicht des Rechtsanwalts der Steuerbefreiung entgegenstehe …

Ein Mitarbeiter verweigert wegen seines religiösen Gewissenskonflikts die Arbeit. Er ist Hindu und hat den Rang eines Brahmanen und Priesters. Die strengsten Reinheitsvorschriften verbieten jeden Kontakt mit Fleisch, Fisch oder Eiern. Da ist ein Job in einer Küche nicht hilfreich. Der Brahmane meint, nicht einmal das Schieben von Essensbehältern, in denen sich Fleisch, Fisch oder Eier befinden, sei ihm erlaubt. Der Dienstgeber kündigt – und verliert das Verfahren. Der Oberste Gerichtshof stellt fest, eine Verwendung an einem anderen Arbeitsort sei dem Dienstgeber zumutbar. (Anmerkung: Dienstgeber war die Gemeinde Wien)

Tipp: Es ist oft besser, Entscheidungen, Taten, Handlungen nicht zu begründen. Bestes Beispiel ist die Geschwindigkeitsübertretung beim Autofahren! Völlig egal, warum man zu schnell gefahren ist. Oder Selbstanzeigen beim Finanzamt: Es ist die Tat offenzulegen. … Bei der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung April 2022 fiel auf, dass zu hohe Vorsteuerbeträge abgezogen wurden, diese sind zu berichtigen. Es ergibt sich eine Nachzahlung von 9.999 Euro, die bereits geleistet wurde … Warum man dies gemacht hat, ist vollkommen irrelevant.

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